Somewhere Over the Rainbow
Prelude to a Kiss
Der dritte Jazz-Workshop für Gitarre und Gesang 2015 ist vorbei. Eine Woche ist nun vergangen, seit wir Hotel Schloss Korb verlassen haben. Nun sitze ich vor dem Bildschirm und versuche die Nachlese zu verfassen, die besonderen Momente noch einmal einzufangen und Revue passieren zu lassen.
Castle of Love
Zuerst möchte ich das Hotel mit den Schlossherrn Ruth und Fritz Dellago und ihren Schloßgeistern nennen. Wie bei den beiden vorhergegangenen Kursen haben sie sich wieder hingebungsvoll um unser Wohlergehen gekümmert. Die Dellagos und ihr Personal unterstützen uns bei der Durchführung unseres Workshops mir aller Kraft. Jeder kleinste Wunsch wird umgehend erfüllt und wir haben uns wieder extrem wohlgefühlt. Ich glaube, ich darf behaupten, in ihnen große Fans unserer Gruppe gewonnen zu haben, genauso wie wir große Fans ihres Hotels geworden sind.
Around the World I've Searched For You
Und dann sind da natürlich die Teilnehmer. Sie sind aus vielen verschiedenen Ecken der Welt angereist um sich zum Jazzworkshop im Hotel Korb zusammenzufinden. Die Liste der Länder, aus denen sie kommen, ist lang: Österreich und die Schweiz, England und Frankreich, natürlich Deutschland und – man staune – sogar die USA und Brasilien! Mich als Organisator freut es besonders, wenn eine so große Vielfalt an Nationalitäten zusammenkommt. Eine derart bunte Mischung ist immer ein toller Input und Gewähr für viele spannende Momente, sowohl menschlich als auch musikalisch! Man erfährt Unbekanntes aus anderen Ländern und bekommt neue Ideen, die das eigene Musizieren bereichern.
The More(llo) I See You
Ein Ereignis muß genannt werden, das dem Kurs eine völlig neu Richtung gab: Howard Alden hatte seine Teilnahme relativ kurzfristig vor dem Kurs aus persönlichen Gründen abgesagt. Das setzte mich als Organisator natürlich schwer unter Druck. Ein Dozent steht plötzlich nicht mehr zur Verfügung! Wo bitteschön sollen wir in ein paar Wochen kurzfristig einen Ersatz herbekommen? Ich setzte mich sofort mit Helmut Nieberle in Verbindung und beide hatten wir – unabhängig voneinander – die gleiche Idee: Paulo Morello muss einspringen! Paulo Morello lehrt an der Hochschule in Nürnberg und tourt mit namhaften Musikern unermüdlich durch Deutschland und die Welt.
Zum guten Glück hatte Paulo Lust, zu kommen. Er konnte sich auch freimachen und damit war unser Problem gelöst. Glücklicherweise hatte keinen der Teilnehmer der Dozentenwechsel gestört und es gab keine Absagen. Die Geduld der Teilnehmer wurde aber auch belohnt! Paulo Morello erwies sich als launiger Zeitgenosse, der die Gitarristen mit bestens vorbereitetem Unterricht und tollem Gitarrenspiel begeistern konnte. Im Team mit Helmut Nieberle, dessen Fähigkeiten als Dozent und auf der Bühne hinlänglich bekannt sind, ergab sich für die Teilnehmer ein Dozenten-Dream-Team, das keine Wünsche offen ließ.
What's New?
Die Sängergruppe war bei Jeanne Gies wieder in besten Händen. Es wurde den ganzen Tag hindurch intensiv gearbeitet, sogar nach dem Unterricht ging es mit Einzelstunden weiter. Jede der Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden von Jeanne individuell und hingebungsvoll betreut. Durchaus bemerkenswert ist, dass sich erstmals zwei männliche Teilnehmer in der Gesangsgruppe einfanden. Da war zum einen unser brasilianischer Teilnehmer: Manu Lafer hat in seiner Heimat bereits mehrere Alben produziert und nahm den weiten Weg auf sich, um die Darbietung seiner Eigenkompositionen in der für ihn ungewohnten englischen Sprache zu vervollkommnen. Jeanne ist nämlich neben Gesang auch auf „Aktzenteliminierung“ spezialisiert. Sein österreichischer Gesangskollege begeisterte zum anderen mit eigenen – in seinem Heimatdialekt verfassten – Texten zu bekannten Jazzstandards.
Üblicherweise findet man bei diesen Workshops in den meisten Fällen sowas wie eine „strenge Geschlechtertrennung“: Männer spielen Gitarre, Frauen singen. Warum das so ist, konnte mir bisher noch niemand beantworten. Umso erfreulicher nun die Mischung. Vielleicht dürfen wir das in der Gitarrengruppe auch noch erleben?
Ansonsten durften wir zahlreiche Sängerinnen wieder begrüßen, die einen oder beide der vorherigen Kurse auch schon absolviert hatten. Es fiel dabei nicht nur uns auf, dass sie alle während des vergangenen Jahres konsequent an den jeweiligen Knackpunkten weitergearbeitet haben und nun auf einer neuen Stufe ihres Könnens stehen. Und auch die „Neuankömmlinge“ konnten zum Schluss des Workshops ihr musikalisches Potential schon besser ausschöpfen. Man darf auf die weitere Entwicklung gespannt sein!
Interplay!
Das spricht für die erfolgreiche Arbeit von Jeanne Gies, der es gelingt, die Teilnehmer/Innen durch ihren Unterricht auf eine höheres Niveau zu heben. Ein großes Lob an dieser Stelle an die beiden Korrepetitoren Dietmar Liehr und Armin Bonner. Sie stellten sich mit viel Geduld als Instrumentalbegleiter für die Gesangsgruppe zur Verfügung. Ohne deren Unterstützung an der Gitarre wäre es den Sängern viel schwerer gefallen, den richtigen Ton zu finden und das im Jazz so überaus wichtige Zusammenspiel mit den übrigen Musikern zu erlernen. An dieser Stelle muss auch unser unermüdlicher Chris am Kontrabass erwähnt werden. Er kam sozusagen „im Schlepptau“ einer Gesangsteilnehmerin zu uns und wir bekamen dadurch eine weitere Möglichkeit für das Interplay mit dem für diese Musik so wichtigen „Bassfundament“. Danke für die unverhoffte Unterstützung, Chris!
6 String Theory
Die Gitarristen waren beim „Schloss-Korb-Newcomer“ Paulo Morello und in den bewährten und beliebten Händen von Helmut Nieberle wieder bestens aufgehoben. Zu Beginn des Kurses wurden die Teilnehmer in zwei Gruppen aufgeteilt und konnten zwischen Jazzgitarren-Basics bei Paulo oder Ensemblearbeit bei Helmut wählen. Wie schon erwähnt war Paulo Morello hervorragend vorbereitet und konnte für jedes Thema, das behandelt wurde, fundierte Unterlagen beisteuern.
Helmut Nieberle formte eine Mini-Gitarren-Big-Band, mit der zwei Stücke für den Abschlussabend erarbeitet wurden. Das Spielen von Einzelstimmen in einem mehrstimmigen Arrangement ist für die meisten Jazzgitarristen eine ungewohnte, aber enorm lohnende Erfahrung. Es wurden eine Eigenkomposition von Helmut, „The Jazzguitarist“ und eine mexikanische Rhumba namens „Taboo“ eingeprobt. Das erstgenannte Stück war von Helmut eigens im Hinblick auf die Anwesenheit von Howard Alden komponiert worden, der dann aber nicht erschienen ist – eine Ironie des Schicksals.
May the Music Never End
Auch ausserhalb der Unterrichts-Kernzeiten wurde wie immer erfreulich viel musiziert, gerne auch mit atemberaubendem Blick auf der malerischen Schlossterrasse oder in den vielen anderen Winkeln, die so ein waschechtes Schloss eben bietet. Durch die Tage konnten immer wieder spontane Sessions gehört oder Gruppen beobachtet werden, die sich auf das Abschlusskonzert einstimmten. Sängerinnen „griffen sich“ spontan einen Gitarristen (oder auch zwei …) und schon konnte man ein Mini-Konzert genießen. Die legendären Sessions nach dem Abendessen waren natürlich wieder obligatorisch und mit Höhepunkten gespickt. Kaum war das Dessert nach dem wie immer erstklassigen Abendmenü verputzt, schnappten sich die Ersten die Instrumente und legten los. Bis spät in die Nacht wurde gespielt und gesungen, die Besetzungen wechselten munter durch und es ergaben sich erstaunliche Momente, die zum Teil tief unter die Haut gingen.
Fame
Das Stichwort Abschlusskonzert ist ja schon gefallen. Wie jedes Jahr war zum Ende des Jazzworkshops ein öffentliches Konzert geplant. Ruth Dellago hat dafür ihre Kontakte zu lokalen Medien spielen lassen und die Bozener Presse und das Lokalradio kündigten den Abend in der Region an. Erfreulicherweise haben daraufhin auch auswärtige Zuhörer den Weg nach Schloß Korb gefunden und genossen mit uns das Konzert. Teilnehmer wie Dozenten boten interessante, originelle und virtuose Darbietungen. Es wurden Instrumentaljazz, Vocaljazz, Ukulelejazz und sogar tradtionelle Countrymusik aufgeführt. So wurde eine launige Soiree gestaltet, die bei den Beteiligten bestimmt lange in Erinnerung bleibt. Erstaunlich, welch' unterschiedliche musikalische Interessen der Konzertteilnehmer zum Vorschein kamen!
Ev'ry Time We Say Goodbye …
Auch die Tage des Jazzworkshops im April 2015 auf Hotel Schloss Korb werden hoffentlich lange nachwirken. Tolle Unterbringung, nette Leute, kompetente Dozenten und viel, viel Musik erzeugten eine anregende Atmosphäre, aus der spannende Inspirationen erwuchsen. Ein Jahr können diese nun reifen und am 19.-23. April 2016 treffen wir uns dann wieder bei Familie Dellago und den Schlossgeistern zum 4. Internationalen Jazzworkshop für Gitarre und Gesang …